Beratungsangebot für Flüchtlinge
Rückkehr in die Heimat.
Lüdinghausen
Wenn aus Flüchtlingen „Rückkehrer“ werden, ist Beatrix Verspohl zur Stelle. Die Juristin berät im Auftrag des DRK-Kreisverbandes Menschen, die in ihre alte Heimat zurückkehren. Die meiste Zeit arbeitet sie in Coesfeld, seit einigen Monaten gibt es jedoch auch ein Beratungsangebot in Lüdinghausen.
Ihre Flucht nach Deutschland war nicht selten eine lebensgefährliche Odyssee: Von skrupellosen Schleppern in völlig überladenen Schlauchbooten auf dem Mittelmeer sich selbst überlassen oder eingepfercht in stickigen Lkw-Laderäumen mit ungewissem Ziel – ein Leben in Frieden, Freiheit oder auch nur Wohlstand schien fast jedes Risiko wert. Doch was passiert, wenn der Traum vom besseren Leben platzt? Wenn der Asylbescheid abgelehnt, der Neustart in dem so fremden Land nicht gelingt oder auch die Sehnsucht nach der Heimat und die Sorge um zurückgebliebene Angehörige alles überwiegt?
Dann werden aus Flüchtlingen „Rückkehrer“. Dann machen sie sich erneut auf den Weg. Ohne Schlepper, ohne Schlauchboot. Sie reisen mit dem Flugzeug oder dem Zug. Sie tun das freiwillig oder weil morgens früh die Polizei an die Türe klopft. Das nennt sich dann „Abschiebung“ und ist eine – für die Betroffenen – oft traumatische Erfahrung, und obendrein für den Staat eine ausgesprochen teure Variante der Rückkehr. Damit es dazu erst gar nicht kommt, und auch, um einen Neustart in der alten Heimat zumindest in den ersten Tagen und Wochen zu unterstützen, bieten verschiedene Stellen eine Rückkehrberatung für Flüchtlinge an.
Bei den Formalitäten, die es da zu berücksichtigen gibt, würde auch jemand Schwierigkeiten bekommen, der perfekt deutsch spricht.
Im Kreis Coesfeld hat das DRK im vergangenen Jahr diese Aufgabe übernommen. Beatrix Verspohl ist das Gesicht der hiesigen Rückkehrberatung, arbeitet die meiste Zeit in Coesfeld, schlägt aber auch einmal in der Woche für eine Außensprechstunde ihre Zelte im Pfarrheim St. Felizitas auf. „Da es aus dem Südkreis nicht ganz einfach ist, mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Coesfeld zu kommen, haben wir dieses zusätzliche Angebot eingerichtet“, erzählt die gelernte Juristin, die in ihrem anderen beruflichen Leben als gesetzliche Betreuerin arbeitet. Darum sind ihr auch komplizierte Antragsformulare und die für Laien oftmals unverständliche Behördensprache nicht fremd. Ein echtes Plus, wenn es um die Beratung der Ausreisewilligen geht. „Bei den Formalitäten, die es da zu berücksichtigen gibt, würde auch jemand Schwierigkeiten bekommen, der perfekt deutsch spricht. Menschen mit Migrationshintergrund sind da völlig überfordert“, weiß Verspohl aus Erfahrung. Zumal es je nach Herkunftsland ganz unterschiedliche Anträge auszufüllen gibt.
„In so ziemlich allen Fällen werden die Kosten für die Rückreise an sich übernommen, sprich für das Flug- oder Bahnticket.“ Allerdings bekämen die Betroffenen weder das Geld noch die Tickets selbst ausgehändigt, nimmt Verspohl sofort denen den Wind aus den Segeln, die einen möglichen Missbrauch befürchten. Darüber hinaus könnten, je nach Herkunftsland, weitere finanzielle Zuschüsse beantragt werden, wie eine Reisebeihilfe oder eine Starthilfe. „Davon sind aber beispielsweise die Länder des Westbalkan ausgenommen“, so Verspohl. Das Geld für die verschiedenen Zuschüsse kommt von der Internationalen Organisation für Migration (IOM), einer Organisation unter dem Dach der Vereinten Nationen (UN), die auf nationaler und zwischenstaatlicher Ebene Hilfsprogramme für Migranten durchführt.
Wichtig sei es in jedem Fall im Beratungsgespräch unmissverständlich klar zu machen, dass die Betroffenen, sobald sie diese Zuschüsse beantragen, eine Verzichtserklärung bezüglich ihres Aufenthaltsstatus unterzeichnen, betont Verspohl. „Egal, wie das Asylverfahren zu dem Zeitpunkt aussieht, die Akte wird damit geschlossen.“ Kehre jemand später noch einmal nach Deutschland zurück, sei er zur Rückerstattung der Gelder verpflichtet.
Von Beate Nießen
Pressebericht aus den Westfälischen Nachrichten vom 23.08.2018